Aufsatzvitrine, Entwurf Otto Prutscher (1880-1949)
Schöner Entwurf einer Aufsatzvitrine Otto Prutscher aus den 30iger Jahren, für Dr. Hugo Winkler.
Der Vitrinenaufsatz und der unterer Korpus des Möbels sind in zwei Teilen gefertigt und fein in Kaukasischer Nuss furniert. Der Vitrinenaufsatz ist mit zwei aus Glas gefertigten Schiebetüren, welche mit einem runden, vernickelten Schloss versperrbar sind, sowie mit drei Glasfächern ausgeführt
Der untere Korpus steht auf einem profiliert gestalteten Rahmen mit hohen Füssen. Die beiden Türen sind mit runden aus Bakelit gefertigten Handhaben ausgeführt.
Auf der Innenseite der beiden Türen finden wir je eine intarsierte Bezeichnung „Entwurf: Otto Prutscher“ und „Ausführung: L. A. Weber”.
Die Deckplatte des Korpus geht an ihren seitlichen Endungen in einer leicht geschwungenen Form nach oben, was dem Möbel einen zarten asiatisierenden Einfluss gibt.
Der Übergang vom unteren Korpus zu dem Vitrinenaufsatz wird durch einen fein profilierten Sockel unterbrochen, welcher dem Möbel nochmals eine gewisse Leichtigkeit verleiht.
Ein wunderschönes Beispiel eines sehr geradlinigen Möbels, welches durch die gekonnt eingesetzten abgerundeten Elemente, eine elegante und fast feminin anmutende Form erhält.
Abgebildet und beschrieben ist diese Aufsatzvitrine im 2‑bändigen Sammlungsbuch von Heim & Fritz Schedelmayer herausgegeben von der Universität für Angewandte Kunst Wien
„Otto Prutscher 1880 – 1949 Architekt und Designer zwischen den Traditionen und Moderne” Band 1 Seite 266, Abbildung 220
Für Dr. Hugo Winkler in Wien XII. entwarf Otto Prutscher 1931 Salon- und Speisezimmer, beide vom Tischler Andreas L. Weber ausgeführt. Eine Aufsatzvitrine Abb. 220, zwei kleine Konsolen 425, die zwischen den Fenstern platziert waren, drei kleine Tische, eine Bettbank, ein Lehnstuhl und einige Hocker („Causeusen”) sind als Einzelmöbel erhalten geblieben.
Auf der Innenseite der Aufsatzvitrine sind die Schriftzüge „Entwurf Otto Prutscher” und „Ausführung L. A. Weber” eingelegt.
Genau die gleiche Signatur samt Jahreszahl „MCMXXXI” findet sich an einem Wohnzimmerschrank mit Barabteil 427 mit sehr komplexen Intarsien auf den Innenseiten zweier Türen.
Otto Prutscher (1880−1949)
zählte zur ersten Studentengeneration der Wiener Kunstgewerbeschule. Die Aufnahme 1897 und der Unterricht bei einigen der bedeutenden Künstler der Wiener Moderne, wie Josef Hoffmann, Koloman Moser, Willibald Schulmeister und dem Maler Franz Matsch prägten die Stilfindung von Otto Prutscher nachhaltig. Ab dem Jahr 1907 arbeitet Otto Prutscher für die Wiener Werkstätten. Er war so wie Josef Hoffmann Architekt und Designer, und wie er unterrichtete er ab dem Jahr 1909 an der Wiener Kunstgewerbeschule. Er war Mitglied der wichtigsten Künstlervereinigungen wie der Wiener Secession, den Wiener Werkstätten, dem Werkbund uvm. Auch arbeitete er mit und für die bedeutendsten Wiener Manufakturen seiner Epoche und das in so vielen unterschiedlichen Bereichen. Sein unglaublicher Schaffensdrang in Architektur und Design macht ihn zu einem der ganz Großen in der Riege der Wiener Architekten und Designer. Otto Prutscher war somit maßgeblich an der Entwicklung der Wiener Moderne beteiligt.
Otto Prutscher war nicht nur ein viel beschäftigter Architekt und einer der führendsten Kunstgewerbetreibenden Wiens am Beginn des 20. Jahrhunderts.
Neben einiger der große Wohnhausanlagen in Wien, plante er vor allem Privat und Geschäftshäuser sowie Kaffeehäuser und deren Innenausstattung.
Für viele der wohlhabenden Familien Wiens entwarf er Innenausstattungen, welche von den bedeutendsten Produzenten seiner Zeit, wie zum Beispiel Jacob & Josef Kohn, Thonet, Portois & Fix oder J. & L. Lobmeyr ausgeführt wurden. Für die Vereinigung der Wiener Werkstätten entwarf er unter anderem Möbel, Porzellan, Gläser, Besteck, Metallarbeiten, Schmuck, Uhren, Bucheinbände und Textilien uvm.
Sein Nachlass, welcher sich heute im MAK – Museum für angewandte Kunst Wien befindet, umfasst Pläne und Architekturfotografien ebenso wie Originalentwürfe für Möbelstücke und kunstgewerbliche Objekte.
Das Museum widmete ihm 2019/2020 eine eigene Ausstellung (Otto Prutscher. Allgestalter der Wiener Moderne, 20. November 2019 – 17. Mai 2020).
Provenienz des Möbels:
Aus der Sammlung Schedlmayer. Literatur: Otto Prutscher Archiv, 1366; Uhlir, Semper Sursum, p. 122; Duit, Schedlmayer, Otto Prutscher, Band 1, S. 266, Nr. 220.
Ausstellung Leopold Museum Wien:
Die Sammlung Schedlmayer. Eine Entdeckung!
10.09.2021 – 20.02.2022
Das österreichische Sammlerpaar Hermi (1941 – 2018) und Fritz Schedlmayer (1939 – 2013) trug eine hochkarätige Auswahl an kunstgewerblichen Gegenständen und Werken aus der bildenden Kunst aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zusammen. Diese noch weitgehend unbekannte Sammlung wird im Herbst 2021 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
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