Indischer Silber-Repoussé-Tisch um 1900/20
Prunkvoller großer indischer Elefantentisch aus der Zeit um 1900⁄20, ausgeführt in Repoussé-Silber auf Holz.
Hergestellt wurde dieser Elefantentisch wohl in dem bedeutenden Silberzentrum Cutch mit seinen beiden Zentren Bhuj und Karachi im Nordwesten Indiens. Der wohl für ein fürstliches Haus gefertigte Tisch ist überaus reich mit Blüten- und Blattdekorationen geziert, welche typisch für die im Silberzentrum von Cutch ausgeführten Arbeiten sind.
Die elegante ovale Form des Tisches wird an ihren beiden Enden von prächtigen halbplastischen Elefanten getragen. Die beiden halbplastischen Elefanten stehen auf ornamental und floral gezierten Sockeln und sind überaus reich geschmückt. Die ovale Tischplatte ist aus feinem weißen Onyx gefertigt. In ihrer Mitte findet sich eine eingelassene und goldgefasste Diamantenraute von in etwa 1,5 – 2,5 Carat.
Seltener indischer Elefantentisch mit unglaublich schöner Ausstrahlung, wohl für ein bedeutendes Haus gefertigt. Ein Kunstobjekt, welches jeden Raum mit dem exotischen Flair Indiens verzaubert …
Zur Geschichte:
Bereits während der Mogul-Herrschaft (1526 – 1707) tauchten in Indien wunderschöne Einrichtungsgegenstände in Repoussé-Silber auf. Britische, französische, portugiesische und niederländische Entdecker, welche nach Indien kamen, fanden kaum Sitzmöbel oder Tische vor, da man alle Tätigkeiten wie Kochen und Essen am Boden sitzend verrichtete. So brachten die Entdecker alsbald europäische Möbelentwürfe auf den indischen Kontinent, und so kam es zu einer Verschmelzung von europäischen Stilen mit indischen Herstellungstechniken, und es entstanden wundervolle Möbelstücke im indo-europäischen Stil.
Mit beginnender britischer Kolonialisierung des Subkontinents im 19. Jahrhundert entstanden die sogenannten anglo-indischen Möbel, welche prunkvoll mit Silber und Gold in Repoussé-Technik verkleidet wurden. Von 1858 an umfasste der indische Subkontinent auch die Länder Pakistan, Bangladesch sowie Burma. Während der britischen Kolonialzeit, welche 1947 mit der Unabhängigkeit Indiens endete, war Queen Victoria auch Empress of India – Kaiserin von Indien.
Zu dieser Zeit fanden indische Silberschmiedearbeiten in Europa und Amerika neue Liebhaber und hielten als exotische Einrichtungsgegenstände Einzug in die Häuser und Wohnungen der elitären Gesellschaft.
Auch bedeutende Firmen wie Liberty & Co. in London und Elkington & Co. in Birmingham importierten indisches Silber im großen Stil für den englischen und europäischen Markt, fertigten aber auch in den eigenen Werkstätten Silberobjekte im indischen Stil. Neben den reichen Häusern in Europa waren die indischen Fürsten oder Maharadschas die großen Auftraggeber für solche aufwendig gearbeiteten Möbelstücke.
Eine besondere Bedeutung kommt hier auch der Tatsache zu, dass in den hinduistischen Schriften Silber bis heute als reinigend und rein galt und gilt. Es wurde im Hinduismus auch meist für religiöse Zwecke verwendet. Abseits der Verwendung von Silber für religiöse Objekte wurde Silber auch für die Herstellung von prunkvollen Schmuckstücken verwendet, welche Macht und Reichtum widerspiegelten.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Tatsache, dass poliertes Silber für die Inder die Farbe des Mondlichtes (Chandni) widerspiegelte, von welchem sich Chandi (Silber) ableitet. Der Silberfeingehalt bei indischen Silberarbeiten ist meist ein überaus hoher, da die Kunstobjekte äußerst fein und mit aufwändigen Dekoren geziert sind und man für deren Bearbeitung ein sehr weiches Silber benötigte.
Interessant ist auch, dass es verschiedene Zentren für die Fertigung von Silberobjekten in Indien gab, wobei jedes seine eigenen Dekore und Techniken hatte. Dadurch lassen sich Silberobjekte trotz der fehlenden Marken ganz gut den jeweiligen Silberzentren zuordnen.
Hier einige der bedeutenden Silberzentren Indiens:
Burma (das heutige Myanmar) – mit dem Zentrum Rangoon – bekannt für seine Szenen aus dem Jataka-Epos und Figuren aus der Götterwelt.
Kalkutta und die Provinz Bengalen – bekannt für Szenen aus dem dörflichen Leben auf seinen Silberobjekten, vermischt mit Bambusdekorationen sowie europäischen Motiven.
Cutch mit den Zentren Bhuj und Karachi im Nordwesten Indiens – bekannt für seine floralen Muster sowie Tiermotive mit Elefanten, Vögeln usw.
Von Bhuj aus importierten Liberty und Elkington um 1900 sehr erfolgreich Silberobjekte nach England.
Lucknow, Nordindien – bekannt für seine Darstellungen aus dem indischen Dschungel mit Tieren, Menschen und Bambusdekorationen.
Kaschmir – bekannt für das sogenannte Shawl-Pattern, welches man auch auf den berühmten Kaschmirschals findet.
Madras, Südindien – bekannt für seine Götterdarstellungen auf großen Silberobjekten.
Bombay – besonders bekannt für seine fein und naturalistisch ausgearbeiteten Tierdarstellungen.
Zur Herstellungstechnik:
Repoussé:
Bedeutet das Treiben von Metall mit Punzen und einem Hammer von der Rückseite. Dadurch wird das Silber lokal nach außen geformt, wodurch die Motive auf der Vorderseite des Objektes entstehen, auch Flachrelief genannt.
Chasing:
Bedeutet das Ziselieren von der Vorderseite des Objektes. Diese komplementäre Technik wendet man an, um die Details des durch Repoussé erzeugten Reliefs zu verfeinern und auszuformen. Hierbei wird jedoch kein Silber von der Oberfläche abgetragen, sondern nur eingeformt.