Japonisierender Aufsatz-Schreibsekretär
Das in zwei Teilen gefertigte Schreibmöbel besteht aus einem in Konsolenform gefertigten Unterbau. Die vier Füße sind vollflächig, vierseitig mit aufwendig in geometrischer sechseckiger Form handgefertigten Bordüren geziert.
Sowohl die Ecken unter dem Schreibaufsatz als auch die Querverstrebung der Füße sind mit für den asiatischen Stil typischen geometrischen Ornamentik dekoriert. Die beiden Hauptladen des Unterbaus werden beidseitig von Schüben, auf welchen die ausziehbare Schreibplatte liegt, begrenzt.
Die Griffe der Laden sind versenkt und in nach außen leicht bombierter Form die furnierte Ladenfront eingearbeitet. Der Schreibaufsatz ist elegant in exotischem Makassar furniert und frontseitig mit einer kleinen, umlaufenden beschnitzten Bordüre, dekoriert.
Die beiden Türen sind in ihrer Mitte mit fein unterschiedlich bemalten Porzellan — Bildern ausgeführt. Die sehr fein, in japanischen Stil bemalten Porzellanbilder, zeigen im Hintergrund eine Gebirgslandschaft.
Im Vordergrund sehen wir Gräser, Zweige mit Blüten, Blättern auf denen Vögel sitzen.
Der Innenbereich des Sekretärs ist in Zierbenholz gefertigt. Die Mitte bildet ein kleiner versperrbarer Tabernakel, welcher an beiden Seiten mit diversen waagrechten und senkrechten Abteilen, sowie mit kleinen Laden gearbeitet ist. Unterhalb dieses Bereiches finden wir über die gesamte Breite eine durchgehende Ablage. Das Möbel ist auch auf seiner Rückseite exklusiv furniert gearbeitet, was auch ein freies Stellen in einem Raum ermöglicht.
Die beiden großen in Messing gefertigten Schlüssel sind mit H. Irmler Wien signiert. Dieses Möbel ist ein schönes Beispiel für die außergewöhnlich hohe handwerkliche Qualität in der die Werkstätten der Kunsttischlerei Irmler für ihre elitäre Kundschaft, als auch für die namhaftesten Architekten dieser Zeitepoche, produzierten. Heinrich Irmler zählte mit seinem gleichlautenden Unternehmen zu den bedeutenden Kunsttischlereien des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts in Wien.
Besonders die Nähe zu der Kunstgewerbeschule, deren Professoren als auch zu den Architekten der Wiener Werkstätte wie z.B. Otto Prutscher ermöglichte die renommierteste Kunst- und Möbeltischlereien nach deren modernen Entwürfen zu produzieren. Viele der bedeutenden Kunsttischlereien schickten ihre Kinder in die neu entstandene Kunstgewerbeschule, um bei den dort unterrichtenden Professoren die moderne Formensprache zu erlernen.
Die Wiener Kunstgewerbeschule:
Kaiser Franz Joseph I. gründete die „Kunstgewerbeschule des K. K. österreichischen Museums für Kunst und Industrie“ im September 1867 und eröffnete sie am 1. Oktober 1868.
Im Jahre 1877 bezog die Kunstgewerbeschule dann ihr eigenes, von Heinrich Ferstel neu errichtetes Schulhaus (1, Stubenring 3). Aus der Kunstgewerbeschule ging 1999 die Universität für angewandte Kunst Wien hervor. Felician von Myrbach, Mitglied der neu gegründeten Wiener Künstlervereinigung Secession, wurde 1899 als Direktor der Schule berufen, die im folgenden Jahr aus der Administration des Museums herausgelöst wurde.
In Myrbachs Amtszeit fallen zahlreiche Reformen und Berufungen, die aus der Kunstgewerbeschule eine der Wiegen des österreichischen Jugendstils machten und ihren Ruf als der Moderne verpflichtete Institution begründeten.
Otto Wagner hatte als Kuratoriumsmitglied der Schule großen Einfluss auf deren Reform-Umsetzungen. Die damalige Lehrerschaft liest sich wie ein Who-is-Who des heute viel gefeierten “Wien um 1900” mit Namen wie Koloman Moser, Josef Hoffmann, Alfred Roller — der 1909 seine prägende Direktionszeit begann — und Schülern wie etwa Oskar Kokoschka. Als einer der zahlreichen Absolventen jener Ära soll hier nur Gustav Klimt erwähnt werden.
Heinrich Irmler (1839−1914), K. u. K. Hoftischler Heinrich Irmler:
Irmler begann 1871 mit der Erzeugung von Kunstmöbeln, die bald überall große Verbreitung fanden. In modern eingerichteten Werkstätten fertigte er kunstvolle Möbeln für eine gehobene Klientel. Auch fertigte er in einer eigenen Abteilung Büro- und Hoteleinrichtungen.
Bedeutende Aufträge in Wien, an denen er beteiligt war, waren unter anderem die Inneneinrichtungen des Naturhistorischem Museum, des Parlamentes, des Justizpalastes, des Rathauses, der Universität, sowie der Handelskammer. Auf Grund der Teilnahme an zahlreichen Ausstellungen, auf welchen er viel Auszeichnungen erhielt, gelang es ihm auch Internationale Kunden für seine in hoher Qualität gefertigten Waren zu begeistern. Ab dem Jahr 1908 übernahm sein Sohn die Führung des Unternehmens.
Literatur:
W.: Die Möbel-Kunstindustrie Österr., in: Großind. Österr., Erg. Bd. Tl. 1, S. 159f.
L.: N.Fr.Pr. vom 12. 11. 1914; Großind. Österr., Erg. Bd., S. 344.
PUBLIKATION: ÖBL 1815 – 1950, Bd. 3 (Lfg. 11, 1961), S. 42