
Prunkvolle große Armoire Louis-XV-Stil, Frankreich um 1900
Die prunkvoll ausgeführte Armoire ist reich mit vergoldeten Bronzedekorationen geziert sowie in Palisander, dem sogenannten Königsholz oder Veilchenholz, furniert ausgeführt.
Der gesamte Korpus ist in drei Hauptsegmente unterteilt, wobei der große, etwas hervorgesetzte Mittelteil mit einer facettiert verspiegelten Türe sowie mit reicher floraler Bronze Doré Verzierung dekoriert ist.
Die Türen der beiden schmaleren, leicht zurückversetzten Elemente links und rechts des Mittelteils sind in ihren oberen zwei Dritteln ebenfalls mit facettierten Spiegeln und Bronze Doré Umrahmung gestaltet. Hier ist das untere Drittel jedoch mit fein in Blüten und Blattwerk intarsierten Füllungen gearbeitet und von einem fein ziselierten Bronze Doré Rahmen eingefasst.
Die prächtige Mitteltüre gibt einen geräumigen Innenraum frei, welcher durch zwei verstellbare Fachböden sowie eine Kleiderstange und eine zierliche Halterung für Krawatten oder Schals an der Innenseite der Türe unterteilt wird. Die beiden Abteile links und rechts des Mittelteils sind mit diversen verstellbaren Fachböden sowie je einer versperrbaren Innenlade ausgestattet.
Der große, über die gesamte Breite des Schranks ausgeführte Sockel steht auf insgesamt sechs Beinen und ist äußerst reich mit vergoldeten Bronzeapplikationen geziert. Mittig ist der Sockel mit einer verzierten Feuerschale gestaltet, welche in die zierlichen, den ganzen Sockel umspielenden Bronzeleisten übergeht.
Bekrönt wird der prunkvolle Schrank von einer mächtigen Muscheldekoration, flankiert von Ranken aus Akanthusblättern und stilisierten Meereswellen. An den vier frontseitigen Ecken der Armoire finden sich große, fein ziseliert und durchbrochen gearbeitete Zierelemente. Der Schrank besitzt drei originale doppelsperrige Schlösser mit fein ziselierten, vergoldeten Schlüsseln.
Die vergoldeten Bronzen sind an ihrer Rückseite signiert mit „ZN“.
Außergewöhnliche Möbel wie diese Armoire wurden von Joseph-Emmanuel Zwiener für die herrschaftlichsten Auftraggeber gefertigt und standen in den prunkvollsten Häusern – und das nicht nur in Frankreich.
François Linke fertigte ein sehr ähnliches Modell als Vitrine mit der Indexnummer 521, bei welcher die drei Türen mit Gläsern anstelle von Spiegeln ausgeführt waren.
Mehr zu Joseph-Emmanuel Zwiener (1848 – 1925):
Der ursprünglich aus Deutschland stammende Kunsttischler Joseph-Emmanuel Zwiener zählt zu den bedeutendsten Möbelproduzenten seiner Zeit – und das nicht nur in Paris.
Bekannt wurde er im 19. Jahrhundert durch seine wunderschönen Reproduktionen von Louis-XV-Möbeln im Stil des Rokoko, wenngleich in vielen seiner Entwürfe der aufkeimende Einfluss des Jugendstils bereits zu erkennen ist.
Seine meisterliche Hand bewies er in wundervoll und reich mit fein ziselierten, vergoldeten Bronzen gezierten sowie intarsierten Salonmöbeln, die auf ein begeistertes Klientel trafen.
Geboren in Heidau, Schlesien (Deutschland), im Jahre 1848, zog er in den 1880er-Jahren nach Paris, wo er sich in der Rue de la Roquette niederließ. Zwiener gelang es sehr schnell, als Produzent edelster Möbel großes Ansehen beim europäischen Adel zu erlangen. Ein ganz bedeutender Auftraggeber für Zwiener war König Ludwig II. von Bayern, für den er unter vielem anderen eine Nachbildung des berühmten “Bureau du Roi“ fertigte.
Besondere Bedeutung kommt auch der Zusammenarbeit mit dem famosen französischen Bildhauer Léon Messagé zu, dessen großartige Entwürfe Zwiener zum Gewinn der Goldmedaille auf der Pariser Weltausstellung von 1889 verholfen haben sollen und den er in weiterer Folge auch in seiner Werkstätte beschäftigte.
Bereits im Jahr 1895 kehrte Zwiener nach Berlin zurück, nachdem er einen Auftrag von Kaiser Wilhelm II. erhalten hatte. Zwieners Werkstätte wurde 1895 von dem sechs Jahre jüngeren deutschen Ebenisten François Linke übernommen, der wahrscheinlich bereits für Zwiener nach seiner Ankunft in Paris gearbeitet hatte.
Linkes Stil war dem von Zwiener sehr ähnlich, und so setzte auch er die Zusammenarbeit mit Messagé fort und bewahrte die Tradition der außergewöhnlichen Handwerkskunst der Werkstatt. Kaiser Wilhelm II. war bestrebt, im ausgehenden 19. Jahrhundert die Talente der deutschen Möbelhersteller – von denen ja viele nach Frankreich ausgewandert waren – der Welt zu präsentieren.
Aus diesem Grund beauftragte Kaiser Wilhelm II. Zwiener mit der umfangreichen Ausgestaltung seiner königlichen Residenzen. Einige dieser Arbeiten wurden in weiterer Folge dann im deutschen Pavillon auf der Pariser Weltausstellung 1900 präsentiert. Viele der von Zwiener gefertigten Möbelstücke begleiteten Wilhelm II. bei seinem Gang ins Exil und fanden in seinem Herrenhaus Huis Doorn in den Niederlanden ihren Platz.
Joseph-Emmanuel Zwiener fertigte für unzählige europäische Adelshäuser, Bankiersfamilien, Industrielle und Fabrikanten seine prunkvollen Möbel – unter anderem für den New Yorker Kunstsammler Charles Tyson Yerkes und die französische Schriftstellerin Baronin Hélène van Zuylen, welche der Bankiersfamilie Rothschild angehörte.




