Kleine Sitzgruppe Fledermaus Entwurf Josef Hoffmann 01

Kleine Salon Sitzgruppe aus Aristokratischem Besitz, nach einem Entwurf von Josef Hoffmann

Wien um 1905/06, ausgeführt von der Manufaktur Mundus

Soge­nan­nte Fle­d­er­maus­sitz­gruppe, namensgebend für dieses Mod­ell war das Kabarett Fle­d­er­maus“ in Wien. Die in schwarzem Schel­lack poli­tierte Sitz­gruppe, beste­hend aus vier Stühlen, der soge­nan­nte Fle­d­er­maus“ Ses­sel (bei Kohn Mod. Nr. 728 ) und einem run­den Tisch, welche in Buche- und Buchebugholz aus­ge­führt sind. Die kleine Sitz­gruppe ist neu gepol­stert und in Alcan­tara bezogen.

Prove­nienz :

Hof­dame der Kaiserin Elis­a­beth Marie Gräfin Fes­tet­ics de Tol­na. Mária Fes­tet­ics geboren am 20. Okto­ber 1839 in Tol­na, Komi­tat Tol­na, Ungarn; Ver­stor­ben am 17. April 1923 in Söjtör, Komi­tat Zala, Ungarn

Nach langem Zögern wurde Marie Fes­tet­ics auf Betreiben von Graf Andrássys und Fer­enc Deák von Kehi­da 1871 zur Hof­dame der Kaiserin ernan­nt. Da ihr Gerüchte über die schwierige Kaiserin zu Ohren gekom­men waren, fürchtete sie von nun an kein eigenes Leben mehr führen zu kön­nen, doch fand sie bald Gefall­en an Elis­a­beth und sollte bis zu ihrem Tod als Hof­dame bei Elis­a­beth bleiben. Da Elis­a­beth nicht auf sie verzicht­en wollte, musste Sie auf Wun­sche der Kaiserin unzäh­lige Heirat­santräge ablehnen und als sich Marie ein­mal ern­sthaft in einen rus­sis­chen Fürsten ver­liebte, ver­bot ihr Elis­a­beth dessen Antrag anzunehmen. 

Marie wurde schnell zu eng­sten Ver­traut­en, wahrschein­lich kann man sagen Fre­undin der Kaiserin, wofür sie so wie auch für Ihr Vater­land Ungarn ihrer Fam­i­lien­pläne auf­gab. Gräfin Fes­tet­ics galt als außergewöhn­lich schöne und beson­ders kluge Frau am Öster­re­ichis­chen Hof. Ihre Weit­sicht und Men­schenken­nt­nis sowie ihre scharf­sin­nige Beobach­tungs­gabe wurde an vie­len Stellen lobend und bewun­dernd erwähnt.

Als eines der bedeu­ten­den Zeitzeug­nisse dieser Zeit am Öster­re­ichis­chen Hof gilt das Tage­buch der Gräfin Fes­tet­ics, in welchem sie alle Geschehnisse gewis­senhaft nieder­schrieb und oft ungeschminkt widergab.

Es ist eine wertvolle his­torische Quelle, in der nicht nur das Leben am Hab­s­burg­er Hof, son­dern auch das Leben der Kaiserin detail­liert geschildert wird. Das Fes­tet­ics-Tage­buch befind­et sich heute in der Széchényi-Nation­al­bib­lio­thek in Budapest…

Elis­a­beths Bio­graph Cor­ti betonte beson­ders Marie Fes­tet­ics’ außeror­dentliche Men­schenken­nt­nis, die sich in ihren Aufze­ich­nun­gen zeigt. Cor­ti: Es ist bemerkenswert, wie diese Frau stets voraus wit­tert, welche Per­sön­lichkeit­en für ihre Her­rin später von unglück­lichem Ein­fluss sein wer­den. Die Gräfin trägt ihre Besorg­nis am sel­ben Tage, da die Per­sön­lichkeit­en ins Leben der Kaiserin treten, in das Tage­buch ein; es ist also kein nachträglich­es Urteil, son­dern zeigt, daß diese Frau einen richti­gen Instinkt, eine unge­heuer scharfe Beobach­tungs­gabe und her­vor­ra­gende Geis­tes­gaben besitzt. Ist Frau von Fer­enczy unbe­gren­zt treu, ein­fach und ergeben, so ist Gräfin Fes­tet­ics zweifel­los die geistig höch­st­ste­hende und scharf­sin­nig­ste Frau aus dem Kreise, den Elis­a­beth nach und nach um sich versammelt.“

Brigitte Hamann unter­stre­icht die Ergeben­heit der Hof­dame für ihre Kaiserin. Im Fes­tet­ics-Tage­buch find­en sich schwärmerische Ein­träge wie (1872): Sie ist die Verkör­pe­rung des Begriffes Lieblichkeit. Ein­mal denke ich, sie sei eine Lilie, dann wieder: ein Schwan, eine Fee oder eine Elfe.“

Marie Fes­tet­ics war in ihren Tage­buchaufze­ich­nun­gen aus­ge­sprochen loy­al – gele­gentlich empörte sie sich über Klatschgeschicht­en, ohne deren Inhalt in ihr Tage­buch aufzunehmen, und bemerk­te etwa: Ich würde mir nie verzei­hen, eine solche Geschichte vor der Vergessen­heit zu ret­ten! Schreck­lich!“ Trotz aller Bewun­derung und Loy­al­ität übte Marie Fes­tet­ics den­noch oft deut­liche Kri­tik am Ver­hal­ten der Kaiserin und stellte etwa 1873 fest: Sie ist eine Schwärmerin, und ihre Hauptbeschäf­ti­gung ist Grü­beln. […] Sie brauchte eine Beschäf­ti­gung, und da die einzige, die sie hätte, ihrer Natur zuwider ist, liegt in ihr alles brach.“ Cor­ti: Die Gräfin wird nicht müde, sich in ihre Her­rin hineinzudenken.“

Im Laufe der Jahre avancierte Marie (neben Ida von Fer­enczy, die den Titel ein­er Vor­leserin der Kaiserin’ führte) zur beliebtesten Hof­dame von Elis­a­beth und wurde ihre ständi­ge Beglei­t­erin. Die Arbeit als Hof­dame, die Elis­a­beth auf ihren zahlre­ichen Reisen und Wan­derun­gen begleit­en musste, wurde im Laufe der Jahre zu anstren­gend für Marie Fes­tet­ics. Ich bin tot­ge­gan­gen“, schrieb sie 1882 nach einem lan­gen Fuß­marsch in ihr Tage­buch. Deshalb wurde im Jan­u­ar 1883 Char­lotte von Majlath als Hof­dame und Beglei­t­erin der Kaiserin an den Wiener Hof berufen. 1890 wurde eine weit­ere Ungarin, die erst 24-jährige Gräfin Jan­ka Mikes zur Hof­dame ernan­nt, die den hohen sportlichen Ambi­tio­nen der Kaiserin bess­er gewach­sen schien. Ihr fol­gte 1894 Irma Sztáray als Hof­dame und Beglei­t­erin bei den Fußmärschen der Kaiserin. Marie Fes­tet­ics wurde gemein­sam mit Ida von Fer­enczy in den Innen­di­enst“ versetzt.

Über Elis­a­beths Ermor­dung war Marie Fes­tet­ics verzweifelt und schrieb an Ida Fer­enczy: Viel wer­den wir noch zusam­men trauern, Ida, uns gehörte das Beste. Das wird uns nie­mand rauben, es ist ein Juwel – wir liebten sie immer, nicht wie viele, die erst darauf kamen, als der Dolch ihr Herz durchbohrte.“

Nach dem Tod der Kaiserin musste Marie Fes­tet­ics ihre Woh­nung in der Hof­burg räu­men. Sie zog in eine Woh­nung im drit­ten Wiener Gemein­de­bezirk, die sie sich bere­its früher gekauft hat­te. Ida von Fer­enczy, die das gle­iche Schick­sal ereilte, wohnte in ein­er Nach­bar­woh­nung. Nach dem Tod der Kaiserin ver­brachte Marie Fes­tet­ics viel Zeit auf ihrem Gut in Söjtör, sie unter­nahm Reisen, sie suchte viele Orte auf, die sie einst mit Elis­a­beth besichtigte. Die Win­ter ver­brachte sie in der Regel in Wien, in ihrer Woh­nung in der Reis­ner­straße. Dort besuchte sie Kaiser Franz Joseph jährlich kurz nach dem Neu­jahr. Ihre Wiener Woh­nung verkaufte sie kurz vor ihrem Tod, der in Söjtör erfolgte.

Lit­er­atur / Zitate: 

• Gudu­la Wal­ter­skirchen, Beat­rix Mey­er (Hrsg.): Das Tage­buch der Gräfin Marie Fes­tet­ics. Kaiserin Elis­a­beths intim­ste Fre­undin.” Res­i­denz-Verl. St. Pöl­ten 2014

• Katal­in Béres, Beat­rix Mey­er: Az én kedves csendes Söjtöröm. Fes­tet­ics Mária udvarhöl­gy és család­ja.” Söjtör 2014, (ungarisch)

• Egon Cae­sar Con­te Cor­ti: Elis­a­beth, die selt­same Frau. Nach dem schriftlichen Nach­laß der Kaiserin, den Tage­büch­ern ihrer Tochter und son­sti­gen unveröf­fentlicht­en Tage­büch­ern und Doku­menten.” Pustet, Salzburg und andere, 1934

• Brigitte Hamann: Elis­a­beth. Kaiserin wider Willen.” Über­ar­beit­ete Neuaus­gabe, Taschen­buch­neuaus­gabe, 10. Auflage. Piper, München u. a. 2008, (Serie Piper 2990)

• Beat­rix Mey­er, Kaiserin Elis­a­beth und ihr Ungarn.” Allit­era, München 2019

• Egy udvarhöl­gy naplójából (“Aus dem Tage­buch ein­er Hof­dame”), Tage­buchein­tra­gun­gen der Maria Fes­tet­ics aus Gödöl­lő und Budapest; Zusam­mengestellt von Maria Kiss-Tol­nayné, Gödöl­lő 2009, (ungarisch)

Lit­er­atur — Josef Hoffmann:

Josef Hoff­mann 1870 – 1956. Fortschritt durch Schön­heit MAK”, Abb. 11,12,13

Deutsche Kun­st und Deko­ra­tion, Dezem­ber 1908“, p. 159, Sales Cat­a­logue of Jacob & Josef Kohn”, Wien 1916; zitiert auch mit Abbil­dun­gen in Bent Wood and Met­al Fur­ni­ture: 1850 – 1946“, pub­liziert von The Amer­i­can Fed­er­a­tion of Arts, 1987 New York

Wiener Werk­stätte Kun­st und Handw­erk 19031932” Wern­er J. Schweiger, Edi­tion CH, Brandstätter

Kleine Sitzgruppe Fledermaus Entwurf Josef Hoffmann 07
Salonsitzgruppe, Josef Hoffmann Stühle: H: 77 cm, B: 53 cm, T: 47 cm; Tisch H: 76 cm, Dm: 60 cm
Kleine Sitzgruppe Fledermaus Entwurf Josef Hoffmann 12
Kleine Sitzgruppe Fledermaus Entwurf Josef Hoffmann 04
Kleine Sitzgruppe Fledermaus Entwurf Josef Hoffmann 05
HM Fledermaus5
Kabarett "Fledermaus" Wien
HM Fledermaus3
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