Kleine Salon Sitzgruppe aus Aristokratischem Besitz, nach einem Entwurf von Josef Hoffmann
Sogenannte Fledermaussitzgruppe, namensgebend für dieses Modell war das Kabarett „Fledermaus“ in Wien. Die in schwarzem Schellack politierte Sitzgruppe, bestehend aus vier Stühlen, der sogenannte „Fledermaus“ Sessel (bei Kohn Mod. Nr. 728 ) und einem runden Tisch, welche in Buche- und Buchebugholz ausgeführt sind. Die kleine Sitzgruppe ist neu gepolstert und in Alcantara bezogen.
Provenienz :
Hofdame der Kaiserin Elisabeth Marie Gräfin Festetics de Tolna. Mária Festetics geboren am 20. Oktober 1839 in Tolna, Komitat Tolna, Ungarn; Verstorben am 17. April 1923 in Söjtör, Komitat Zala, Ungarn
Nach langem Zögern wurde Marie Festetics auf Betreiben von Graf Andrássys und Ferenc Deák von Kehida 1871 zur Hofdame der Kaiserin ernannt. Da ihr Gerüchte über die schwierige Kaiserin zu Ohren gekommen waren, fürchtete sie von nun an kein eigenes Leben mehr führen zu können, doch fand sie bald Gefallen an Elisabeth und sollte bis zu ihrem Tod als Hofdame bei Elisabeth bleiben. Da Elisabeth nicht auf sie verzichten wollte, musste Sie auf Wunsche der Kaiserin unzählige Heiratsanträge ablehnen und als sich Marie einmal ernsthaft in einen russischen Fürsten verliebte, verbot ihr Elisabeth dessen Antrag anzunehmen.
Marie wurde schnell zu engsten Vertrauten, wahrscheinlich kann man sagen Freundin der Kaiserin, wofür sie so wie auch für Ihr Vaterland Ungarn ihrer Familienpläne aufgab. Gräfin Festetics galt als außergewöhnlich schöne und besonders kluge Frau am Österreichischen Hof. Ihre Weitsicht und Menschenkenntnis sowie ihre scharfsinnige Beobachtungsgabe wurde an vielen Stellen lobend und bewundernd erwähnt.
Als eines der bedeutenden Zeitzeugnisse dieser Zeit am Österreichischen Hof gilt das Tagebuch der Gräfin Festetics, in welchem sie alle Geschehnisse gewissenhaft niederschrieb und oft ungeschminkt widergab.
Es ist eine wertvolle historische Quelle, in der nicht nur das Leben am Habsburger Hof, sondern auch das Leben der Kaiserin detailliert geschildert wird. Das Festetics-Tagebuch befindet sich heute in der Széchényi-Nationalbibliothek in Budapest…
Elisabeths Biograph Corti betonte besonders Marie Festetics’ außerordentliche Menschenkenntnis, die sich in ihren Aufzeichnungen zeigt. Corti: „Es ist bemerkenswert, wie diese Frau stets voraus wittert, welche Persönlichkeiten für ihre Herrin später von unglücklichem Einfluss sein werden. Die Gräfin trägt ihre Besorgnis am selben Tage, da die Persönlichkeiten ins Leben der Kaiserin treten, in das Tagebuch ein; es ist also kein nachträgliches Urteil, sondern zeigt, daß diese Frau einen richtigen Instinkt, eine ungeheuer scharfe Beobachtungsgabe und hervorragende Geistesgaben besitzt. Ist Frau von Ferenczy unbegrenzt treu, einfach und ergeben, so ist Gräfin Festetics zweifellos die geistig höchststehende und scharfsinnigste Frau aus dem Kreise, den Elisabeth nach und nach um sich versammelt.“
Brigitte Hamann unterstreicht die Ergebenheit der Hofdame für ihre Kaiserin. Im Festetics-Tagebuch finden sich schwärmerische Einträge wie (1872): „Sie ist die Verkörperung des Begriffes Lieblichkeit. Einmal denke ich, sie sei eine Lilie, dann wieder: ein Schwan, eine Fee oder eine Elfe.“
Marie Festetics war in ihren Tagebuchaufzeichnungen ausgesprochen loyal – gelegentlich empörte sie sich über Klatschgeschichten, ohne deren Inhalt in ihr Tagebuch aufzunehmen, und bemerkte etwa: „Ich würde mir nie verzeihen, eine solche Geschichte vor der Vergessenheit zu retten! Schrecklich!“ Trotz aller Bewunderung und Loyalität übte Marie Festetics dennoch oft deutliche Kritik am Verhalten der Kaiserin und stellte etwa 1873 fest: „Sie ist eine Schwärmerin, und ihre Hauptbeschäftigung ist Grübeln. […] Sie brauchte eine Beschäftigung, und da die einzige, die sie hätte, ihrer Natur zuwider ist, liegt in ihr alles brach.“ Corti: „Die Gräfin wird nicht müde, sich in ihre Herrin hineinzudenken.“
Im Laufe der Jahre avancierte Marie (neben Ida von Ferenczy, die den Titel einer ‘Vorleserin der Kaiserin’ führte) zur beliebtesten Hofdame von Elisabeth und wurde ihre ständige Begleiterin. Die Arbeit als Hofdame, die Elisabeth auf ihren zahlreichen Reisen und Wanderungen begleiten musste, wurde im Laufe der Jahre zu anstrengend für Marie Festetics. „Ich bin totgegangen“, schrieb sie 1882 nach einem langen Fußmarsch in ihr Tagebuch. Deshalb wurde im Januar 1883 Charlotte von Majlath als Hofdame und Begleiterin der Kaiserin an den Wiener Hof berufen. 1890 wurde eine weitere Ungarin, die erst 24-jährige Gräfin Janka Mikes zur Hofdame ernannt, die den hohen sportlichen Ambitionen der Kaiserin besser gewachsen schien. Ihr folgte 1894 Irma Sztáray als Hofdame und Begleiterin bei den Fußmärschen der Kaiserin. Marie Festetics wurde gemeinsam mit Ida von Ferenczy in den „Innendienst“ versetzt.
Über Elisabeths Ermordung war Marie Festetics verzweifelt und schrieb an Ida Ferenczy: „Viel werden wir noch zusammen trauern, Ida, uns gehörte das Beste. Das wird uns niemand rauben, es ist ein Juwel – wir liebten sie immer, nicht wie viele, die erst darauf kamen, als der Dolch ihr Herz durchbohrte.“
Nach dem Tod der Kaiserin musste Marie Festetics ihre Wohnung in der Hofburg räumen. Sie zog in eine Wohnung im dritten Wiener Gemeindebezirk, die sie sich bereits früher gekauft hatte. Ida von Ferenczy, die das gleiche Schicksal ereilte, wohnte in einer Nachbarwohnung. Nach dem Tod der Kaiserin verbrachte Marie Festetics viel Zeit auf ihrem Gut in Söjtör, sie unternahm Reisen, sie suchte viele Orte auf, die sie einst mit Elisabeth besichtigte. Die Winter verbrachte sie in der Regel in Wien, in ihrer Wohnung in der Reisnerstraße. Dort besuchte sie Kaiser Franz Joseph jährlich kurz nach dem Neujahr. Ihre Wiener Wohnung verkaufte sie kurz vor ihrem Tod, der in Söjtör erfolgte.
Literatur / Zitate:
• Gudula Walterskirchen, Beatrix Meyer (Hrsg.): “Das Tagebuch der Gräfin Marie Festetics. Kaiserin Elisabeths intimste Freundin.” Residenz-Verl. St. Pölten 2014
• Katalin Béres, Beatrix Meyer: “Az én kedves csendes Söjtöröm. Festetics Mária udvarhölgy és családja.” Söjtör 2014, (ungarisch)
• Egon Caesar Conte Corti: “Elisabeth, die seltsame Frau. Nach dem schriftlichen Nachlaß der Kaiserin, den Tagebüchern ihrer Tochter und sonstigen unveröffentlichten Tagebüchern und Dokumenten.” Pustet, Salzburg und andere, 1934
• Brigitte Hamann: “Elisabeth. Kaiserin wider Willen.” Überarbeitete Neuausgabe, Taschenbuchneuausgabe, 10. Auflage. Piper, München u. a. 2008, (Serie Piper 2990)
• Beatrix Meyer, “Kaiserin Elisabeth und ihr Ungarn.” Allitera, München 2019
• Egy udvarhölgy naplójából (“Aus dem Tagebuch einer Hofdame”), Tagebucheintragungen der Maria Festetics aus Gödöllő und Budapest; Zusammengestellt von Maria Kiss-Tolnayné, Gödöllő 2009, (ungarisch)
Literatur — Josef Hoffmann:
Josef Hoffmann 1870 – 1956. “Fortschritt durch Schönheit MAK”, Abb. 11,12,13
„Deutsche Kunst und Dekoration, Dezember 1908“, p. 159, „Sales Catalogue of Jacob & Josef Kohn”, Wien 1916; zitiert auch mit Abbildungen in „Bent Wood and Metal Furniture: 1850 – 1946“, publiziert von The American Federation of Arts, 1987 New York
“Wiener Werkstätte Kunst und Handwerk 1903−1932” Werner J. Schweiger, Edition CH, Brandstätter
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