Prunkvoller Stand- oder Schwenkspiegel
Dieser mit Sicherheit als höfisches Möbel zu bezeichnende Schwenkspiegel aus dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts ist ein Meisterwerk der Formensprache dieser Zeit und reflektiert in perfekter Weise den Stil und die Qualität Danhausers.
Die Danhauser’sche k. k. privilegierte Möbelfabrik gilt als die bedeutendste Möbelmanufaktur Wiens dieser Tage.
Der üppig beschnitzte, teilweise in seiner Ornamentik aus Masse gearbeitete Standspiegel ist in dunklem Grün gefasst sowie mit reicher Blattvergoldung versehen.
Der Prunkspiegel steht auf je zwei in Bogenform verbundenen Füßen, welche in Pratzen Form gearbeitet und jeweils mit einem großen vergoldeten Akanthusblatt dekoriert sind. Die Mitte der jeweils zwei in Bogenform verbundenen Füße bildet ein sehr fein ausgeführtes Medaillon mit Perlenrand, das ein höfisches Kopfporträt mit Hochsteckfrisur im römischen Stil ziert.
Die beiden den Spiegel tragenden, rund ausgeführten Säulen sind mit vergoldetem Blattwerk und Ringdekorationen versehen und werden jeweils von einer kleinen Amphore bekrönt.
Zwischen den beiden Säulen befindet sich ein oval gestaltetes Element mit Kleeblattdekoration, durch das die handgeschmiedete Stellschraube zur Fixierung des schwenkbaren Spiegels in der gewünschten Position geführt wird. Der Spiegelrahmen selbst ist umlaufend mit kleinen Kleeblättern dekoriert und auf seiner Rückseite mit gelber Seide bespannt. Bekrönt wird der Standspiegel mit einem halbrund ausgeführten Aufsatz, der mit feinen, in Strahlenform angeordneten Elementen versehen ist. Den Abschluss bildet eine kleine Amphore, auf der sich eine auf einer Weltkugel stehende vollplastische Aufsatzfigur in bewegter Haltung, zum Himmel blickend, befindet.
Ähnliche Entwürfe finden wir in den Zeichnungen von Josef Danhauser (siehe unten), die heute Teil der MAK-Sammlung in Wien sind. Das „Geymüller Schlössel“, ein Veranstaltungsort in Wien, zeigt vergleichbare Kandelaber (siehe unten) in seiner Sammlung vor Ort.
Der hier vorgestellte Biedermeier-Spiegel ist ein hervorragendes Beispiel für die Eleganz und Ästhetik des Wiener Designs im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Wie in allen früheren Epochen gab es auch hier besondere Handwerker, die ein außergewöhnliches Gespür für Proportionen und Formen bewiesen, was zu Objekten von höchster Handwerkskunst mit viel Liebe zum Detail führte. Diese Meisterwerke waren hauptsächlich für höfische und aristokratische Kunden reserviert.
Das Österreichische Museum für angewandte Kunst in Wien (MAK) besitzt einen Großteil der Zeichnungen der „Danhauser’schen k. k. privilegierten Möbelfabrik“ mit mehr als 2.500 Zeichnungen und Skizzen aus dem Musterkatalog. Dieser Katalog umfasste unter anderem 153 Stuhlmodelle, 56 Tagesbetten, 179 Arten von Kronleuchtern und 124 Fensterbehänge. All diese Modelle wurden innerhalb der jeweiligen Produktgruppen fortlaufend nummeriert, wobei der Bereich Beleuchtung in zwölf Gruppen unterteilt ist …
Die Danhauser-Möbelfabrik wurde 1814 vom Bildhauer Joseph Ulrich Danhauser (1780 – 1829) gegründet. Sie war eines der ersten Unternehmen Wiens, das im Bereich der Innenausstattung tätig war. Dank einer speziellen Fertigungslizenz war es Danhauser möglich, alle Handwerksberufe im Bereich der Innenausstattung zu integrieren und die erforderlichen Arbeiten unter einem Dach auszuführen. Dazu gehörten in erster Linie die Möbelherstellung und Polsterung, die Produktion von Innenleuchten, Metallarbeiten, aufwendige Vorhänge und Bettgestelle mit ihren Halterungen sowie kleine skulpturale Accessoires. Die Kundschaft der Fabrik kam aus der gesamten österreichischen Monarchie und aus Deutschland, und das Unternehmen verfügte über Vertriebsniederlassungen in Graz und Budapest. Danhausers prestigeträchtigster und umfangreichster Auftrag war die Renovierung des Palastes von Erzherzog Karl (heute Albertina) um 1822.
Die Möbelfabrik Danhauser nimmt eine herausragende Stellung in der Geschichte des Wiener Möbelbaus und der Innenausstattung ein. Anhand der Entwürfe Danhausers lässt sich die Entwicklung des Wiener Möbelstils nachvollziehen, der sich zunächst an französischen Vorbildern wie denen von Percier und Fontaine orientierte, aber bald eine eigenständige Form annahm.
Persönliche Anmerkung:
Bei diesem prunkvoll ausgeführten Spiegel handelt es sich aller Voraussicht nach um eine Auftragsarbeit für einen hochgestellten aristokratischen Kunden. Der vorliegende Spiegel zählt mit ziemlicher Sicherheit zu den dekorativsten Schwenk- oder Standspiegeln, die Danhauser je in dieser Art für seine Kunden in seinen Werkstätten gefertigt haben dürfte.
Vergleichbare Modelle, meist in etwas schlichterer Ausführung, befinden sich in Museen und privaten Sammlungen.
Bedeutendster Auftraggeber für Danhauser war, wie bereits oben erwähnt, unter anderem Erzherzog Carl 1822 – 1825 mit dem Auftrag für sein Palais, die heutige Albertina in Wien. Danhauser erhielt den Auftrag, für das gesamte Palais neue Möbel anzufertigen sowie die Prunkgemächer mit Marketerieböden auszustatten. Die Albertina war zu dieser Zeit das größte habsburgische Wohnpalais Wiens …
Ein anderes bedeutendes und vergleichbares Beispiel befindet sich heute im Schlossmuseum Gotha im sogenannten Napoleonzimmer. Neben zwei bedeutenden Kandelabern befindet sich dort auch das von Danhauser ausgeführte prunkvolle Empirebett, in dem Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha (1784 – 1844) im Jahr 1844 verstarb …
Weiterführende Links:
Albertina:
https://www.albertina.at/samml…
https://www.albertina.at/site/…
Weiters:
https://www.stiftung-friedenst…
Schlafzimmer Herzog Ernst 1. von Sachsen-Coburg und Gotha